Alle Zeit der Welt?

Eine kleine Geschichte über die Uhr.

Die Uhr verändert grundsätzlich unsere Gesellschaft, weil sie unser Zeitempfinden und Zeiterleben und unseren Umgang mit der Zeit verändert, denn sie vertaktet das Leben. Die Uhr bringt ein neues Zeitmuster, also den Takt, der alles gleich macht, der jede Stunde und jede Minute gleich macht. Diese Gleichmacherei drückt sich dann auch im Verhalten aus. Wir nennen dies z. B. Pünktlichkeit oder pünktliche Organisation.

Man könnte den Eindruck gewinnen, dass die Zeit uns unterdrückt, was jedoch nicht der Fall ist, da immer wieder neue Zeit sofort nachrückt. Eigentlich muss man gar keine Zeit sparen, da nichts so lange und so häufig nachkommt wie die Zeit – und das so lange, wie ein Mensch lebt! Sie ist also die treueste Gefährtin des Menschen. Die Zeit an sich übt eigentlich kein Diktat aus, sondern das Diktat übt die Zeitordnung aus, also wie wir die Zeit, die wir haben, ordnen und wer sie ordnet. Das Diktat der Zeit ist immer ein Diktat von Institutionen oder Menschen, die dahinter stehen und einem die Zeit quasi vorgeben.

1.Zeitmessung damals

Damals hat man die Zeit anhand des Sonnenstandes abgelesen und sie stand immer mit der Natur in Zusammenhang. Deshalb sind in allen romanischen Sprachen die
Begriffe Zeit und Wetter noch identisch. Zeit war immer Qualität des Wetters. Dies hat man dann irgendwann losgelöst. Die Räderuhr zeigt leere Zeit an, die durch gar nichts mehr besetzt ist. Nun konnte man diese leere Zeit mit neuen Dingen besetzen. Im aufkommenden Kapitalismus hat man die Zeit dann mit Geld besetzt.

2.Die Uhr in Kriegszeiten

Kriegszeiten waren immer hoch beschleunigte Zeiten, da der Krieg etwas Schnelles, der Frieden etwas Langsames ist. In Kriegszeiten hatte die Uhrenproduktion natürlich immer einen Höhepunkt, weil man rasch, schnell und pünktlich handeln musste, um die Gefahr, die droht, abzuwenden oder zu kalkulieren. Wer im Krieg schnell ist, ist klar im Vorteil. Kriegszeiten waren auch immer Erfinderzeiten. Im ersten Weltkrieg wurden berittene Kuriere von Telegraf und Telefon verdrängt.

Die Armbanduhr schaffte im ersten Weltkrieg ihren Durchbruch. Sie war immer blickbereit und immer am Mann. Die Armbanduhr war das Zeitmessinstrument für den modernen Krieger. Das Trommelfeuer auf die feindlichen Linien dauerte genau 60 Minuten, dann wurde es auf weiter nach vorne verlegt, damit die Infanterie angreifen kann, ohne von eigenen Granaten getroffen zu werden. Richtiges Timing entschied über Leben und Tod.

3.Die Uhr im Eisenbahnzeitalter

Die Erfindungen des 19. Jahrhunderts revolutionieren Transport und Kommunikation. Die Uhr musste Schritt halten mit einer immer schneller werdenden Welt. Nicht mehr die Kirchenuhr, sondern die Bahnhofsuhr war der neue Taktgeber des Alltags. Nach ihr stellten die wohlhabenden Bürger ihre goldene Taschenuhr. Eine genaue für alle verbindliche Zeitgebung wurde immer wichtiger, wollte man den Zug der Zeit nicht verpassen. Die Eisenbahn war das Transportmittel, was menschheitsgeschichtlich die Naturgeschwindigkeit des Pferdes übertroffen hat. Durch die Eisenbahn, die länderübergreifend fuhr, musste jetzt Zeit koordiniert werden. Es wäre umständlich gewesen, ständig die Zeit umstellen zu müssen, wenn man von Baden-Württemberg nach Bayern, Österreich oder der Schweiz kam. Eine Vereinheitlichung der Zeit war notwendig. Die neue schnelle Zeit vertaktete auch die Arbeitswelt. Eine präzise Einheitszeit regelte Schichtbeginn, Pause und Mittag – vorausgesetzt, alle Uhren zeigten die gleiche Zeit an.

4.Die Funkuhr

Die Funkuhr garantiert ein Höchstmaß an Gleichzeitigkeit. Sie wurde von der Firma Junghans erfunden. Es ist heute ein knallhartes Geschäft. Die industriell gefertigten Uhren werden ständig auf ihre Qualität getestet. Im Rennen um die Gunst des Kunden zählt aber nicht nur Zuverlässigkeit - immer neue Ideen sind gefragt. So erfand Junghans die erste Funkuhr ohne Batterie. Sie funktioniert mit Solarzellen. Solartechnologie im Armbanduhrenformat – eine technische Herausforderung, selbst bei der Bedruckung des Zifferblattes. Die Spezialfarbe muss so lichtdurchlässig wie nur möglich sein, damit das kleine Sonnenkraftwerk am Handgelenk optimal arbeiten kann. Arthur Junghans setzte damals auf Erfindungen aus Amerika. Von dort brachte er neue Modelle und Fertigungstechniken mit und entwickelt den ersten serienmäßig hergestellten Wecker. Im Schwarzwald blühte eine Uhrenindustrie auf. Allein Junghans steigerte in drei Jahrzehnten die Produktion von 37.000 auf 3 Millionen Uhren im Jahr.

5.Passt die Uhr noch in unsere heutige Zeit?

Die Uhr wird in Zukunft wahrscheinlich an Einfluss verlieren. Die große Zeit der Uhr ist vorbei. Die Uhr wird – was die Organisation der Gesellschaft betrifft – nicht mehr so wichtig sein wie sie es früher war. Heute wird die Zeit oft mit dem Mobiltelefon organisiert. Warum ist das so? – Weil wir flexibler arbeiten! Die Uhr ist ein Mittel, mit dem man standardisiert arbeiten kann. Zur Flexibilisierung taugt die Uhr nicht, oder etwa doch?

Die Transponder Uhr ist die neueste Erfindung der Uhrmacher aus dem Schwarzwald. Auf einem unter dem Zifferblatt integrierten Chip können alle möglichen Funktionen gespeichert werden. So kann man die Uhr z. B. nutzen, um sich ein Wasser aus einem Automaten zu holen. Die Uhr der Zukunft ist solarbetrieben, funkgesteuert, kratzfest, wasserdicht und hat vor allem ein unendliches Funktionspotential. Sie ist wohl vielmehr ein Multifunktionsgerät als eine normale Armbanduhr!

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