Bildung bedeutet Aufklärung

...auch oder gerade auf unbekanntem Terrain: Wer über Bildung spricht, der denkt sofort an Schulbildung. Im zweiten Schritt schweifen die Gedanken dann zur beruflichen Ausbildung, anschließend zur Weiterbildung. Diese Formen der Bildung sind die klassischen Wege, sich zu bilden – nämlich in der Schule, während der Ausbildung und im Beruf. Doch Bildung passiert innerhalb und außerhalb dieser systemisch geprägten Strukturen – und ereilt all jene, die sich einem speziellen Thema öffnen wollen, um mehr darüber zu erfahren. Ungewöhnliche Formen der Bildung, die zur Aufklärung rund um ein spezielles Thema beitragen, sind Thema in diesem Beitrag.

In Amsterdam gibt es ein Cannabis College

Kaum zu glauben aber wahr – in Amsterdam gibt es ein Cannabis College. Zu finden ist es in der Oudezijds Achterburgwal 124, gegründet wurde es bereits im Jahr 1997 von Henk Poncin und Vertretern der „Green Prisoners Release“-Gruppe, die sich für zu Unrecht Inhaftierte einsetzten, deren Weg in das Gefängnis mit Cannabis zu tun hatten. Dass in den Niederlanden vieles anders ist in puncto Cannabis als in Deutschland, ist den meisten hinlänglich bekannt. Was jedoch am Cannabis College „gelehrt“ wird, wissen nur diejenigen, die dort einmal zu Besuch waren. Die Anfänge des Cannabis College passierten im Kleinen, mittlerweile sei das Cannabis College zum „ikonischen Ort“ geworden heißt es hier.

Heute ist das Cannabis College eine Anlaufstelle für Versammlungen, Vorträge und Partys – rund ums Thema Cannabis. Vor Ort stehen Experten Rede und Antwort, die über die Cannabispflanze, deren Geschichte sowie mögliche Therapieformen informieren. Hintergrund und Ziel des Colleges war die Aufklärung rund um Cannabis – und diese Informationen gibt es bis heute in Form von Anfänger- und Fortgeschrittenen-Kursen und mit ganz unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten. Neben dem Kurs- und Vortragsangebot steht die Bibliothek zu Recherchezwecken offen. Auch ein Cannabis-Testangebot gibt es vor Ort.

In 18 Ländern gibt es United World Colleges (UWC)

Colleges gibt es weltweit zuhauf. Doch die United World Colleges verfolgen einen ganz speziellen Ansatz. Geführt werden sie als Internate für Schüler und Schülerinnen der Oberstufe. UWCs besuchen junge Menschen unterschiedlicher Kulturen, Nationalitäten und sozialen Hintergründen – und genau das ist auch Teil der Lehre. Für zwei Jahre sind die jungen Menschen am UWC. Sie leben dort, gestalten ihren Alltag und engagieren sich gemeinsam in gemeinnützigen Projekten. Die Idee, die hinter dem UWC steckt, bringt Rektor Laurence Nodder auf den Punkt. Er beschreibt das UWC als Mikrokosmos der Gesellschaft, in dem sich die Welt im Kleinen widerspiegelt.
Binnen der zwei Jahre wird nicht nur klassischer Schulstoff vermittelt. Auch die Lebenswelten der Mitschüler werden hier thematisiert. Dabei können Vertreter verschiedener Glaubensrichtungen ebenso aufeinandertreffen wie Jugendliche mit den unterschiedlichsten sozialen Hintergründen – vom Straßenjungen bis zum Diplomatenkind. Ausgewählt wird nach Eignung, Engagement, Motivation und Persönlichkeit, heißt es online. Den Ursprung hat die Idee der UWCs in Kurt Hahn, einem deutschen Pädagogen. Heute gibt es Schulen in

• Armenien
• Bosnien und Herzegowina
• China
• Costa Rica
• Deutschland
• Hong Kong
• Indien
• Italien
• Japan
• Kanada
• Niederlande
• Norwegen
• Singapur
• eSwatini
• Tansania
• Thailand
• USA und Wales

Maori Health ist ein Nischenstudiengang – an einer renommierten Universität

Eigentlich ist die Auckland University of Technology eine technisch geprägte Universität, doch es gibt eine Ausnahme, die auch die Geschichte des Landes bzw. Land und Leute berücksichtigt. An der Universität selbst trägt das Fach den sperrigen Namen Te Kupenga Hauora Maori und wird mit TKHM abgekürzt. Der Fokus des Studiengangs liegt darauf, den Studenten ein Verständnis für die Gesundheit und die Kräfte, die auf die Gesundheit einwirken, zu vermitteln – und zwar vor dem Hintergrund der Lehre der Maori. Langfristig soll so ein lebenslanges Lernen der Lehre der Maori und der indigenen Gesundheit erfolgen, heißt es in den Infos zum Studiengang.
Maori sind die Ureinwohner Neuseelands, die das Land zwischen dem 8. und dem 14. Jahrhundert besiedelt haben sollen. Aus den als whanau bezeichneten Familiengruppen, in denen die Maori zusammenlebten, wurden größere Einheiten, sogenannte hapu. Rund um Gebiete und die Ehre der Ureinwohner ranken sich viele Geschichten und Überlieferungen. Teil dieser Überlieferungen haben aber nichts mit den Gebietskämpfen zu tun, sondern mit dem tapu, dem spirituellen Zustand der bezeichnend ist für die spirituelle Kultur. Die Kraft der Natur, die Spiritualität und die Bedeutung von Naturheilverfahren sind zumindest die gedankliche Grundlage des Maori-Studiengangs.

Ein Aufruf, die Bildungsvielfalt zu erleben

In gewisser Weise können diese Schlaglichter aus dem Bereich Bildung vor allem eins bewirken: Sie könnten ein Aufruf sein, über den systemischen Tellerrand des Altbewährten hinauszublicken, um neue Erfahrungen zu sammeln. Cannabis-Kritiker können sich am Cannabis-College Informationen beschaffen, junge Menschen können an United World Colleges interkulturelle Erfahrungen machen und Experten im Gesundheitswesen könnten die klassische Medizin um die Lehre der Maori erweitern. Bildung als Form der Aufklärung zu begreifen!? Wer diese drei Anlaufstellen oder eine andere Bildungseinheit nutzt, tut genau das – und es gibt noch viele weitere Optionen für den Lebensplan, um Bildung fernab vom klassischen System zu erleben.

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